29.04.2021 – PRESSEMITTEILUNG
Rotmilanteam des Umweltverbandes Naturschutzinitiative e.V. (NI) ermittelt extrem hohe Greifvogeldichte im Stölzinger Gebirge

In diesem Monat fand die Zusammenkunft des ehrenamtlich tätigen Rotmilanteams unter Leitung von Arno Werner, Länder- und Fachbeirat der Naturschutzinitiative für Hessen, statt. Zum Schutz vor Corona traf man sich in der freien Natur in Seifertshausen auf der Hardt.
Nach der Begrüßung durch Arno Werner überbrachte er auch Grüße des Landesvorsitzenden Harry Neumann. Neumann bedankte sich für die vorbildliche jahrelange Arbeit des Rotmilanteams zur Sicherung der Artenvielfalt im Stölzinger Gebirge.
Wie in den zurückliegenden Jahren werden seit Januar 2021 wieder Greif- und Großvögel im Stölzinger Gebirge kartiert. Kartierungsschwerpunkt in diesem Jahr ist das Gebiet zwischen Bebra bis Stolzhausen und von Braunhausen bis Obergude.
Neben dem weltweit bedrohten Rotmilan stehen auch weitere gefährdete Arten wie z.B. Schwarzstorch, Uhu, Wespenbussard, Schwarzmilan und Baumfalke im Fokus des NI-Teams.
Alle genannten Arten sind durch Kollision an Windindustrieanlagen gefährdet. Deren Brutplätze und Flugbewegungen werden akribisch erhoben und in Karten übertragen. Seit 2014 fand das Team über 290 Horste von Großvögeln im Stölzinger Gebirge.
Die Siedlungsdichte im Stölzinger Gebirge ist u.a. beim Rotmilan im Vergleich mit anderen Regionen in Hessen sehr hoch.
Bereits im Jahr 2014 wurde eine Bebauung des Windfeldes HEF 02 (Franzosenstraße), mit der Begründung, es gehe um eine Verschiebung des Projektes um zwei bis drei Jahre solange, bis auf den Windbruchflächen Bäume und Büsche wieder eine solche Höhe erreicht hätten, dass Rotmilane dort nicht mehr auf die Jagd gehen, eingestellt (HNA vom 07.10.14).
„Die Freiflächen durch Sturm-, Trocken- und Käferschäden sind aktuell erheblich größer und umfangreicher als im Vergleich zum Jahr 2014“, betonte Projektleiter Arno Werner von der Naturschutzinitiative (NI).
Ein Zwischenergebnis der Kartierung des Rotmilanteams zeigt, dass u.a. Rotmilane und Wespenbussarde die neuen Freiflächen regelmäßig als Jagdgebiete nutzen.
Die weitere Aufbereitung noch toter stehender Bäume wird das Mosaik von Freiflächen und Waldresten auf unabsehbare Zeit das Bild des Stölzinger Gebirges prägen. Dies ist allerdings keine ökologische Katastrophe, eher eine Bereicherung und Chance für die Natur u.a. weil zusätzliche bedrohte Arten diesen neuen Lebensraum besiedeln werden. Die Sicherung der Artenvielfalt ist so existenziell wie die Auswirkungen des Klimawandels zu mindern.
Die Naturschutzinitiative e.V. (NI) fordert ein unabhängiges ornithologisches Gutachten für das Stölzinger Gebirge. Hier sollen alle bekannten relevanten Daten zu den gefährdeten Arten zusammengefasst werden. Nach den uns bereits bekannten Daten müssten Teile des Stölzinger Gebirges als EU-Vogelschutzgebiet ausgewiesen werden.
Das Land Hessen hat im neuen hessischen Windenergieerlass vom 04.01.2021 die Abstände zwischen Brutplatz und Windindustrieanlage für mehrere Arten offensichtlich auf Druck der Windkraftlobby meistens auf nur 1000m verkürzt.
Die NI ist überzeugt davon, dass dieser Erlass nicht mit dem EU-Recht zu vereinbaren ist und daher nicht angewandt werden darf. Denn nach der jüngsten Rechtsprechung des EuGH ist die Vogelschutzrichtlinie bindend.
Ausnahmen vom Tötungsverbot, wie im neuen hessischen Windenergieerlass, sind danach bei der Errichtung von Windindustrieanlagen rechtswidrig. „Die Ausweisung von Windvorranggebieten im Stölzinger Gebirge halten wir aufgrund der hohen Zahl von geschützten Greifvogelbrutplätzen bei den Vorranggebieten für unzulässig“, so Arno Werner, Länder- und Fachbeirat der Naturschutzinitiative (NI).
Bereits am 14.01.2021 stoppte der hessische Verwaltungsgerichtshof den Bau von Windindustrieanlagen in Nordhessen, weil der Abstand zum nächsten Rotmilanhorst entgegen der herrschenden wissenschaftlichen Auffassung nur 1300 m anstatt 1500 m betrug.
„Die vielgepriesene Wertschätzung von Menschen, die sich ehrenamtlich für das Gemeinwohl einsetzen, wird gerade beim Thema Windkraft vom Land Hessen nicht mehr gewürdigt“, stellte Arno Werner abschließend fest.
